Der Saar-Nabel der Welt



Schorsch Seitz als kreativer Wortschöpfer in der Siegelbacher "Feiermaus"


von REINER HENN


Der saarländische Mundart-Entertainer Schorsch Seitz gastierte am Samstag im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Kunstgriff" in Siegelbachs Kult-Lokal "Feiermaus". Dabei hinterließ der Saarbrücker wechselnde Eindrücke.Mit den Markenzeichen rote Jacke, die Gitarre unterm Arm sowie dem schwarzen Hut hat der Saarbrücker Musikkabarettist das Herz auf dem rechten Fleck, wenn er seine Ein-Mann-Bühnenshow zwischen Comedy, Musik-Kabarett, Entertainment und Conférencier – einer Art Revue oder Varieté – startet. Dabei avanciert das Saarland zum Nabel der Welt und gleichwohl stehe es auch auf der Liste der bedrohten Länder – so Seitz in seiner launigen Laudatio für das Bundesland zwischen Mosel und Saar.Und die "Feiermaus" steigt in zwei Stunden solcher Inspiration zu einer Art Weltbühne auf, wenn er sein Solo-Programm vorstellt: "Der Pälzer denkt, Gott lenkt und der Saarländer schwenkt." Das Programm ist ein Loblied auf das Saarland, dem Erfinder der Folklore, wie Seitz behauptet: ein Land "voll klore Leit". In der Mischung aus Textrezitation und Musik widmet er sich zunächst den berühmten Saarländern, die auf der politischen Bühne agier(t)en: Oskar Lafontaine oder Peter Müller sowie Erich Honecker (um nur einige zu nennen).


Die Stärken des Saarbrückers bestehen im Umtextieren von Liedern, Schlagern, Chansons und Balladen, die eine Art – laut Programmheft – klingende Biografie ergeben. Ob amerikanische Folksongs wie "Oh Susanna" oder das amerikanische patriotische Lied "The Battle Hymn of the Republic" (auch "Glory Hallelujah") sowie Rocksongs wie jener "Skandal um Rosi" der Münchner Gruppe "Spider Murphy Gang", alles wurde umtextiert und dabei aktualisiert. "Skandal um Rohbau" war etwa Seitz’ aktuelle und originelle Version, da ließ er sein Können der Gesellschaftssatire und kreativen Wortschöpfung aufblitzen. Von "Devisen und Staatskrisen" war die Rede bei einem Streifzug durch Themen, die alle bewegen. Natürlich widmete er im Zeitalter der "griechischen Antike" mit schwarzem Humor den Griechen ein Lied – im saarländischen Kolorit: "Saar-Zicki". Den Welterfolg John Kanders mit dem Titel "New York, New York" hatte er eindrucksvoll auf Siegelbach übertragen; eine Glanzleistung auch das gecoverte Lied von Udo Jürgens: "Mit 66 Jahren" bekam in seiner Version noch mal einen Schub hinsichtlich Publikumswirkung. Seitz versuchte das Publikum einzubeziehen, hielt den Spannungsbogen hoch – und doch verflachte der Abend etwas: Das lag an manchen gewagt frivolen und jovialen Sketchen, die unter der Gürtellinie lagen und nicht jedermanns Geschmack sind. Geistreiche Wortspiele wie "vom Zocken zum Verbocken" schaffen ein besseres Image als schlüpfige Entgleisungen auf Faschingsniveau.


Ein weiteres Manko war, dass seine Gitarrenbegleitung sich in stereotypen perkussiven Begleitakkorden erschöpfte, da geht wesentlich mehr an Ausdrucksverfeinerung und konzertreifem Können. Das Einblenden von speziell bearbeiteten und aufgenommenen Musikstellen vom Tonträger ist ohnehin grenzwertig: Da verwischen schnell die Grenzen zwischen Live-Musik und Studiotechnik. Das, was zur Ausdrucksdifferenzierung eingesetzt wird, sollte auch selbst erzeugt werden (können). Hier waren in der Ein-Mann-(Musik)Show auch komplette Bandversionen zu hören, die er für seinen Auftritt verwendete und einspielte. Das hat er bei seiner Kreativität eigentlich nicht nötig.

aus "DIE RHEINPFALZ" vom 30.10.2012