Silke Hauck Trio am 20.03.2012











aus "DIE RHEINPFALZ" vom 22.03.12

Messlatte hochgelegt

Die Mannheimer Sängerin Silke Hauck mit ihrem Trio in Siegelbachs Feiermaus


von REINER HENN


Nach der lokalen Größe Djulia und Band, dem "Jaelic"-Trio mit der Sängerin Maryja Symone Johnson aus London (wir berichteten), gastierte jetzt innerhalb weniger Wochen bereits die dritte Pop-, Soul- und Jazzsängerin in der Reihe "Kunstgriff": Am Dienstag konzertierte in Siegelbachs Feiermaus eine renommierte Repräsentantin der Mannheimer Musikszene, Silke Hauck, mit ihrem Trio.


Ist diese Häufung ein zufälliges Zusammentreffen mit dem Effekt gegenseitiger Konkurrenz und der Gefahr einer Übersättigung des Publikums? Oder ein programmatischer Schachzug für interessante Vergleiche? Wie auch immer: Die Mannheimerin sang beim Karlsruher Open-Air-Konzert "Das Fest" vor 30.000 Besuchern, in Siegelbach waren es gerade mal 30. Das war allerdings der alles gebenden Kult-Sängerin aus der Rhein-Neckar-Metropole nicht anzumerken.


Sie gewann dabei das "Rennen" um Längen, denn sie gehört zu den Ausnahmeerscheinungen der Musikszene, bei denen Bühnenpräsenz, Charme und Charisma mit stimmlichen und gestalterischen Qualitäten sowie stilistischer Vielseitigkeit in idealer Weise zusammentreffen. Sie legte die Messlatte für die weiteren Veranstaltungen von "Kunstgriff" hoch und wurde für die Veranstalter zum werbewirksamen Glücksgriff.


Allerdings können Djulia und die Sängerin Johnson mehr mit ihren Bands punkten, so dass das gesamte künstlerische Resultat im Endeffekt doch ausgeglichener ist. Djulias Band und "Jaelic" setzten auf subtile Klangmischungen, um unterschiedliche musikalische Stimmungen zu erreichen. Bei beiden Bands wirkte die künstlerische Leistung solider, ausgefeilter und vor allem klanglich differenzierter und auf die akustischen Verhältnisse gut abgestimmt.


Dagegen bevorzugten der Schlagzeuger Marko Klotz und der Keyboarder Stephan Kraus phonstarke, plakative und eruptive Klänge, die dynamisch oftmals erschlugen und klangtechnisch übersteuert und daher verzerrt wirkten. Sie übertönten die Gesangsstimme Haucks mehr, als diese wirkungsvoll zu unterstützen. Schade. Ein über weite Passagen stereotyper Grundrhythmus des dominanten Schlagzeugers, dazu perkussive Akkorde in einfachen Grundmustern - das ist bei der Klasse der Sängerin zu wenig.


Wie im RHEINPFALZ-Gespräch mit Haucks Produzent und Texter Michael Bundt zu erfahren war, greift Hauck bei der Bandbesetzung auf einen Stamm von bis zu neun professionellen Musikern zurück, so dass sonst auch Bläser mitwirken. In Siegelbach spielte diese reduzierte Besetzung, die nicht ganz die Erwartungen erfüllte, wobei aber die Musiker in einigen Soli durchaus improvisatorische und gestalterische Fähigkeiten andeuteten.


So machte die ausdrucksstarke, von entsprechender Gestik unterstützte Performance von Silke Hauck den eigentlichen Konzerterfolg aus: Ihre Handbewegungen erinnern an die schulmäßige Solmisation, da kann sie ihre klassische Gesangsausbildung italienischer Tradition, so Bundt im Gespräch, nicht leugnen. Mit den Vokalisen bezog sie das "angelernte" Publikum als Hintergrundchor immer wieder geschickt ein. Das kam gut an und gelingt in diesem Anflug von Enthusiasmus - auf beiden Seiten - nur wenigen Künstlern. Es geht Hauck nicht um eine konzertante Distanz zwischen Podium und Publikum, sie sucht den Dialog, den Blickkontakt und bezieht alle klatschend und singend ein. Da kam ein starkes Gemeinschaftsgefühl auf.


Haucks sehr kultivierte, in allen Klangfarben und dynamischen Schattierungen sich bewährende Stimme hat Melos, Timbre, Eindringlichkeit und vor allem ein natürlich schwingendes Vibrato. Alles wirkt "bauchig" und erdig und nicht gekünstelt in der Kopfstimme. Müheloses Anschwellen von Haltetönen zu einem Orkan an Ausdruckskraft stellt viele Konkurrenten weit in den Schatten, sie hat unglaubliche stimmliche Ressourcen und schöpft dabei aus dem Vollen.


Ihre selbst vertonten Lieder thematisieren Alltagsgeschichten und "Beziehungskisten" - wobei sie mit ihren melodischen, selbst geschriebenen Vorlagen die Ideen hat, die der Texter Michael Bundt dann aufgreift und in Versform (meist in englischer Sprache) bringt. Es entstehen originelle Songs. Allerdings gab sie auch einige Kostproben, wie sie andere Erfolgstitel covern kann: etwa jene von Stevie Wonder, die sie stilecht interpretierte.