Alice Hoffmann als Vanessa Backes am 24.01.2012





















aus "DIE RHEINPFALZ" vom 26.01.12

Wenn Dialekt zur Dialektik wird

Kabarettistin Alice Hoffmann mit zweistündigem Soloprogramm in Siegelbach


von REINER HENN


Wenn die gesellschaftlichen Spannungen und Widersprüche zunehmen, braucht es ein Ventil, um Dampf abzulassen. Daher haben offenbar derzeit die Kabarettisten in unserer Region Hochkonjunktur und geben sich auch in Siegelbachs Lokal Feiermaus sozusagen die Klinke in die Hand. Mit eher leisen Tönen im gemütlichen Plauderton brachte Alice Hoffmann alias Vanessa Backes (bekannt als Hilde Becker in Gerd Dudenhöffers Fernsehserie) eine eigene Note in ihr Mundart-Soloprogramm ein.


Hoffmann bewahrte sich bei ihrem neuen Solo-Programm "Denk emol" ein eigenständiges Profil: Sie sprudelt nicht wie ein Wasserfall im Stile der bayerischen Herausforderung in Gestalt von Monika Gruber. Und poltert auch nicht so urgewaltig daher wie Bayer Gerhard Polt. Und macht auch keine "Schnuude" wie der pfälzische Senkrechtstarter Ramon Chormann. Und: Alice Hoffmann wagt nur wenige Streiflichter der Weltpolitik mit dem Irak-Krieg etwa oder dem Unfall (oder steckte nach ihren Andeutungen mehr dahinter?) von Lady Diana.


Ansonsten profiliert sie sich mit einer schauspielerischen Glanzleistung, wenn sie in Kittelschürze, mit Dauerwelle, überdimensionaler Nickelbrille und der obligatorischen Handtasche am Arm im Oufit der 70er Jahre die kleinbürgerliche Saarländerin spielt. Zwischen naiver Einfalt und thematischer Vielfalt verliert sie sich scheinbar bei ihrem biographischen Rückblick der Vanessa Backes, die nach gescheiterter Ehe aus ihren Memoiren plaudert.


Sie setzt auf das ewige Spannungsverhältnis zwischen den Geschlechtern, punktet mit Verbalangriffen auf die Männer, um zu konstatieren, man könne diese bedauernswerten Geschöpfe aber auch nicht hängen lassen. Dies gipfelt im Anflug von Selbstironie in der rhetorischen Frage: Was bedeuten Frauen in einer Küche? Prompt kommt die Antwort: artgerechte Haltung.


Apropos Spannungsverhältnis: Da wird natürlich auch jenes zwischen den Saarländern und den Pfälzern thematisiert, und Backes folgert, dass es ähnlich sei wie zwischen Bayern und "Preißn". Doch die Pfälzer gäbe es ja im Unterschied dazu, seufzt Hoffmann auf, ja wirklich.


Scheinbare Fehler, Versprecher sind natürlich überlegt eingesetzt, so wird aus saarländischem Dialekt dann Dialektik. Das zeigte Wirkung auf die Lachmuskeln der vielen Gäste. In der kleinbürgerlichen Welt der dargestellten Vanessa Backes entfalten sich eben Stilblüten zu einem Blütenmeer.


Alice Hoffmann ist durchaus dem Zeitgeist auf der Spur, aber eben subtiler als viele andere Kabarettisten. Der technischen Entfremdung im Haushalt - ein Thema vor Wochen auch bei Chormann - gewinnt sie allerdings scheinbar positive Seiten ab: Mobiltelefon bedeute, dass man bei der ständigen Suche danach im Haushalt mobil bleibe. Solche Wortspiele treibt sie lasziv auf die Spitze, indem sie feststellt, dass manche Reiseleiterin keine leise Reiterin sei. Demgegenüber spielt sie aber auch gerne als Kontrast wieder die Unschuld vom Lande und stellt fest, dass sie trotz ihrer großen Kittelschürze von Schürzenjägern nichts gemerkt habe. Insgesamt überzeugt ihr Solo-Programm durch Spontaneität, indem sie immer wieder hautnah am Publikum agiert und auf Zurufe und Anregungen aus dem Auditorium souverän reagiert. Einwurf